Das Jahr 2022 stellt uns vor Aufgaben, wie sie sich niemand vorstellen konnte. Gerade war die Hoffnung auf Normalisierung nach Corona aufgekeimt, da beginnt ein Krieg in Europa, dessen Auswirkungen bis in die Region und die heimischen vier Wände zu spüren sind.
Es sind die Sparkassen, denen gerade in Krisenzeiten eine besondere Bedeutung zukommt. Gegründet mit dem Auftrag, finanzielle Vorsorge und die regionale Wirtschaft zu fördern, bleibt es auch heute ihr Selbstverständnis, Antworten auf die existentiellen Fragen unserer Zeit zu geben.
Wie die Zinswende den Fachkräftemangel beeinflussen kann, wie Digitalität Unternehmenssteuerung erleichtert und warum trotz volatiler Börsen Wertpapiere eine Antwort für den Vermögensaufbau sind, erklärt Nospa-Vorstandsvorsitzender Thomas Menke im Sommerinterview.
Herr Menke, eine wesentliche Folge der derzeitigen Krise ist die Anhebung der Zinsen. Zumindest aus Sicht der Sparer doch eine gute Botschaft?
Thomas Menke: Die niedrigen Zinsen und das traditionelle Sparverhalten haben in den vergangenen Jahren den Vermögensaufbau stark erschwert. Durch die Entscheidung der EZB konnten wir das Verwahrentgelt abschaffen und werden für Festgelder wieder Zinsen anbieten. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die hohe Inflation den Spareffekt wieder auffrisst. Deshalb führt auch mittelfristig kein Weg an einer ausgewogenen Anlagestrategie, in die auch Wertpapiere, Versicherungen und Immobilien einbezogen werden, vorbei.
"Trotz steigender Zinsen bleibt eine ausgewogene Anlagestrategie,
die Wertpapiere, Versicherungen und Immobilien beinhaltet,
alternativlos."
Künftige Immobilienbesitzer aber haben doch nun das Nachsehen? Die Kredite werden schließlich teurer.
Thomas Menke: Das stimmt, allerdings müssen wir auch sehen, von welchem Niveau wir kommen und wo wir vor Krisenzeiten, also vor 2008, einmal waren. Zudem gibt es Zinssicherungselemente, die wir anbieten und die auch stark nachgefragt werden. Es wäre aber falsch, die Auswirkungen der Zinswende nur auf Einlagen und Kredite zu reduzieren.
Was bedeutet die Zinswende darüber hinaus?
Thomas Menke: Zinsen sind der Preis für Geld und Geld ist ein wesentlicher Faktor für erhöhte Arbeitsleistung. Ist mein Geld nichts wert, weil ich keine Zinsen dafür bekomme, fehlt ein wesentlicher Anreiz für Qualifizierung und Leistungssteigerung. Das merken wir jetzt schon am Fachkräftemangel. Leistung muss sich lohnen – nicht nur über ein angemessenes Gehalt, sondern auch über die Möglichkeit, das Verdiente zu vermehren. Wir brauchen den Vermögensaufbau, um gestalten zu können - beispielsweise für Investitionen in den sozialen Wohnungsbau oder den energetischen Wandel. Bei all diesen Themen stehen wir als Sparkasse auch mit in der Verantwortung.
"Leistung muss sich lohnen – nicht nur über ein angemessenes Gehalt, sondern auch über die Möglichkeit, das Verdiente zu vermehren."
Zur Verantwortung gehört auch die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit, wie versteht die Nospa ihre Rolle hier?
Thomas Menke: Wir haben den Auftrag der Gesellschaft verstanden und unterstützen unsere Kunden aktiv auf dem Weg zu einem nachhaltigen Wirtschaftskreislauf. Der Gründungsauftrag der Sparkassen beeinhaltete den Nachhaltigkeitsaspekt bereits, bevor dieser einen Namen bekommen hat. Sei es die Begleitung der regionalen Wirtschaft oder die Möglichkeit der wirtschaftlichen Teilhabe für jeden. Heute hat Nachhaltigkeit eine weitere Dimension bekommen und wir passen unser Beratungsangebot entsprechend an.
Können Sie Beispiele nennen?
Thomas Menke: Über digitale Analysetools werden wir künftig Chancen und Risiken der Nachhaltigkeit für die Unternehmen und ihre Branche offenlegen und entsprechende Empfehlungen geben. Im Privatkundenmarkt sind wir der Mittler zur nachhaltigen Geldanlage oder Sanierung des Eigentums. Natürlich hinterfragen wir auch uns als Unternehmen und stellen uns gemäß der ESG-Kriterien in allen Geschäftsbereichen sukzessive nachhaltig auf. Dies dokumentieren wir jährlich in unserem Nachhaltigkeitsbericht.
Die beschleunigte Energiewende ist ein Resultat des Ukrainekriegs, der Digitalisierungsbooster eine Folge der Pandemie – wie hat sich das auf die Nospa ausgewirkt?
Thomas Menke: Die Zukunft ist es, mit dem Kunden digital zu arbeiten. Das heißt nicht, dass wir nicht mehr persönlich beraten. Im Gegenteil, die Digitalität schafft Freiräume, die wir für das individuelle, angesichts der vielen Herausforderungen immer komplexer werdende, Kundengespräch benötigen. Digitalität verkürzt nicht nur Bearbeitungszeiten, sondern erhöht gleichzeitig die Qualitätsstandards und sie gibt unseren Kunden Freiheit. Das Banking für unsere Firmenkunden beispielsweise hat in diesem Jahr einen großen Entwicklungsschritt getan.
Sie haben ein Portal für Ihre Firmenkunden aufgebaut. Was ist das genau?
Thomas Menke: Um es in wenigen Worten auf den Punkt zu bringen: Schnelligkeit, Sicherheit und Entlastung von Bürokratie für beide Seiten. Wir haben mit dem Online-Banking Business einen echten und einzigartigen Mehrwert in der Zusammenarbeit.
Neue kundennahe Lösungen,
die weit über den reinen Zahlungsverkehr hinausgehen,
versetzen Sie in die Lage, sich neue Freiräume zu schaffen
und mehr Zeit für Ihr Kerngeschäft zu haben:
Onlinebanking Business
Digitalität birgt aber auch Gefahren. Die Zahl der Cyber-Angriffe hat deutlich zugenommen - auch auf regionale Unternehmen.
Thomas Menke: Das ist richtig. Auch hier stehen wir mit in der Verantwortung. Digitalität vereinfacht vieles und schafft Freiräume in allen Lebensbereichen. Aber wir müssen immer noch lernen, unsere digitalen Daten genauso zu schützen und abzusichern wie unser "Hab und Gut". Datenschutzkonforme skalierbare IT-Lösungen gehören mittlerweile genauso zu unserem Firmenkundengeschäft wie der Schutz vor Cyber-Angriffen.
Damit haben Sie Ihr klassisches Geschäft deutlich erweitert. Ist das die Sparkasse von morgen?
Thomas Menke: Niedrigzinspolitik, steigende Regulatorik, ein wachsendes Mitbewerberumfeld im digitalen Bankensektor und steigende Kundenerwartungen haben schon vor Jahren dazu geführt, dass wir unser Leistungsspektrum ausgebaut haben. Wir verstehen uns nicht als reiner Dienstleister. Wir sind mehr als das. Wir sind Partner der Menschen in allen Fragen rund um Finanzen, Absicherung, Umsetzung eigener Wünsche und Pläne. Je komplexer unsere Welt wird, desto größer das Angebot. Dabei bleibt der Kern unserer Marke immer derselbe: Nah am Kunden. Globale Aufgaben regional gemeinsam lösen.
Was bereits präsent ist wie nie zuvor, erlebt auch durch Covid-19 und den Krieg in der Ukraine erhöhte Fallzahlen: Cyber-Verbrechen in der deutschen Wirtschaft. Unlängst nicht nur für Großkonzerne relevanter Alltag.
So können Sie Ihr Unternehmen schützen
Die wachsende Geschäftsbilanz der letzten Jahre gibt Ihnen Recht. Nun ist das Jahr 2022 mehr als zur Hälfte rum, wie ist Ihre Zwischenbilanz?
Thomas Menke: Im Kreditgeschäft sind wir stabil, trotz verlängerter Projektlaufzeiten. Viele Investitionen verschieben sich aufgrund von Materialknappheit und Verfügbarkeiten. Bei den Einlagen sind wir weiter gewachsen, jetzt gilt es, unseren Kunden ein angemessenes Angebot entsprechend der Zinssteigerungen zu machen. Die Unsicherheiten an den Börsen haben zu einer gewissen Zurückhaltung unserer Kunden im Wertpapiergeschäft geführt, das erkennen wir auch an unseren rückläufigen Provisionen. Um aber eine Prognose für das Jahresergebnis zu geben, ist es dennoch zu früh. Das lässt sich erst im Oktober seriös einschätzen.